Frankreich, Staat und Regierung
Offizieller Name: République Française
Amtssprache : Französisch
Regionale Sprachen:: baskisch, bretonisch, elsässisch, flämisch, fränkisch ,katalanisch,
korsisch, okzitanisch
Bevölkerung: 59 Mio.
Staatsform: Parlamentarisch-präsidiale Republik. Das französische Regierungssystem vereint
parlamentarische und präsidentielle Elemente mit einer starken Stellung der Exekutive.
Die Verfassung
Die jüngste Verfassung stammt aus dem Jahr 1958; wichtige Änderungen wurden 1962
(Direktwahl des Präsidenten) und 1992 (Anpassung an die Maastricht-Verträge) vorgenommen.
Es herrscht eine strikte Trennung von Staat und Kirche.
EU-Beitritt
Frankreich ist Gründungsmitglied der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, 1951), der Vorläuferorganisation der Europäischen Union.
Staatsaufbau und regionale Gliederung
Nach der Verfassung der 5. Republik ist Frankreich ein
laizistischer Zentralstaat, bestehend
aus 22 Regionen (Alsace/Elsaß, Aquitaine, Auvergne, Bourgogne,
Bretagne, Centre, Champagn-Ardenne, Corse, Franche-Comté,
Ile-de-France, Languedoc-Roussillon, Limousin, Lorraine/Lothringen,
Midi-Pyrenée, Nord-Pas-de-Calais, Basse-Normandie, Haute-Normandie,
Pays de la Loire, Picardie, Poitou-Charentes, Provence-Alpes,
Rhone-Alpes), 96 Départements, 4 überseeischen Départements und 4
überseeischen Territorien mit beschränkter Selbstverwaltung.
1982 wurden von der Regierung weitreichende fiskalische und
administrative Rechte an lokal gewählte Vertreter abgetreten. Seit dem
28. März 2003 besagt ein Zusatz zu Artikel 1 der Verfassung, dass die
staatliche Organisation Frankreichs dezentralisiert sei.
Wahlrecht
Aktiv und passiv wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Ausnahmen gibt es beim passiven Wahlrecht.
Das Staatsoberhaupt
Das politische System der 5. Republik wird durch die zentrale Rolle
des Präsidenten geprägt,
der eine Sonderstellung innerhalb der Demokratien Europas genießt.
Infolge seiner Direktwahl durch das Volk ist er in ähnlicher Weise wie
die Nationalversammlung unmittelbar legitimiert.
Der Präsident ist Staatsoberhaupt, Hüter der Verfassung und zugleich
oberster Chef der Exekutive. Er führt den Vorsitz im Ministerrat und
vertritt Frankreich, unter Umständen gemeinsam mit dem Premierminister,
auf internationaler Ebene (z.B. beim Europäischen Rat). Die Außen- und
Sicherheitspolitik gilt traditionell als seine Zuständigkeit (domaine
réservé). Die herausgehobene Stellung des Präsidenten verpflichtet ihn
einerseits zur Überparteilichkeit (Repräsentant aller Franzosen),
zugleich ist er aber natürlich auch Vertreter einer politischen
Richtung. Die tatsächliche Machtstellung des französischen Präsidenten
wird von den Kräfteverhältnissen im Parlament mitbestimmt: Hat der
Präsident eine Mehrheit der Nationalversammlung hinter sich, so gibt er
die großen Linien der Politik vor.
Der Präsident der Republik wird seit 2002 vom Volk auf 5 Jahre direkt gewählt (seit der 3. Republik bis zum Referendum im Jahr 2000 galt eine siebenjährige Amtszeit); er ernennt den Premierminister und auf dessen Vorschlag die Minister, führt den Vorsitz im Ministerrat (Kabinett), kann die Nationalversammlung auflösen, was zu vorzeitigen Neuwahlen führt, und auf Vorschlag der Regierung oder des Parlaments Gesetzesentwürfe zum Volksentscheid vorlegen; er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und entscheidet allein über den Einsatz der französischen Nuklearwaffen; er besitzt die letzte Entscheidungsbefugnis bei der Ernennung zu bestimmten zivilen und militärischen Ämtern und hat in Krisenzeiten außerordentliche Befugnisse zur Notstandsregelung.
Der französische Präsident wird nach absoluter Mehrheitswahl
in bis zu 2 Wahlgängen gewählt. Für den zweiten Wahlgang sind die
beiden Kandidaten mit den höchsten Stimmenzahlen qualifiziert.
Am 6. Mai 2007 wurde der frühere konservative Innenminister Nicolas Sarkozy mit rund 53%
der Stimmen zum Nachfolger Jacques Chiracs gewählt.
Die Regierung
Die französische Regierung ist sowohl vom Vertrauen des
Präsidenten, der den Premierminister ernennt, als auch des Parlaments
(Misstrauensvotum) abhängig. Der Premierminister leitet die
Regierungsgeschäfte; er ist für die Landesverteidigung und die
Ausführung der Gesetze verantwortlich, er nimmt in Übereinstimmung mit
dem Staatspräsidenten Ernennungen zu zivilen und militärischen Ämtern
vor und er besitzt weitreichende Rechtsverordnungsbefugnisse.
Somit setzt die Verfassung der 5. Republik, wenn auch nicht
ausdrücklich, eine weitgehende
politische Übereinstimmung zwischen der regierenden Parlamentsmehrheit
und dem Präsidenten voraus. Diese Übereinstimmung war bis zum Jahr 1986
stets gegeben. 1986–1988 vertraten Präsident und Regierung erstmals
unterschiedliche politische Richtungen (sogenannte cohabitation, erneut
1993–1995 und 1997–2002).
Die Parteienlandschaft Frankreichs ist vielfältig; es kommt häufig zu Abspaltungen, Neugründungen und Umbenennungen. Wechsel des Wahlsystems sind in Frankreich ebenfalls nicht unüblich (so gab es 1951 und 1986 das Verhältniswahlrecht).
Nach den Parlamentswahlen vom 10./17. Juni 2007 beauftragte Präsident Nicolas Sarkozy seinen Premierminister François Fillon mit der Bildung einer neuen Regierung. Die konservative UMP errang 313 der 577 Mandate in der Nationalversammlung, um 45 Sitze weniger, als nach den Wahlen von 2002. Die oppositionelle Sozialistische Partei (PS) kam auf 186 Sitze. Gemeinsam mit ihren konservativen Verbündeten verfügt die UMP über eine komfortable Mehrheit. Die Wahlbeteiligung erreichte mit knapp unter 60 Prozent einen historischen Tiefstand in der 1958 gegründeten Fünften Republik.
Das Parlament
Das französische Parlament besteht aus 2 Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat als Vertretung der Gebietskörperschaften.
Die Nationalversammlung (Assemblée Nationale)
Die Nationalversammlung umfasst 577 Abgeordnete, die über ein reines Mehrheitswahlrecht in Einpersonenwahlkreisen in bis zu 2 Wahlgängen (Stichwahl) für 5 Jahre gewählt werden. Nach einer vorzeitigen Parlamentsauflösung und Neuwahlen darf das Parlament im Jahr nach der Neuwahl nicht neuerlich aufgelöst werden.
Jedes Département besteht aus mindestens 2 Wahlkreisen, die Überseeterritorien können auch nur einen Wahlkreis bilden. Jeder Wahlberechtigte hat eine Stimme für einen Kandidaten. Um im ersten Wahlgang gewählt zu werden, muss der Kandidat neben der absoluten Mehrheit der abgegebenen Stimmen auch mindestens 25% der Stimmen aller Wahlberechtigten in seinem Wahlkreis erhalten.
Hervorstechendstes Merkmal des sogenannten Romanischen Mehrheitswahlrechts ist, dass mehr als nur zwei KandidatInnen in die Stichwahl kommen können. Am zweiten Wahlgang dürfen nämlich nicht nur die beiden bestplatzierten KandidatInnen, sondern auch all jene KandidatInnen teilnehmen, die mindestens 12,5% der Stimmen aller Wahlberechtigten des Wahlkreises erhalten haben. Normalerweise einigen sich die Parteien eines politischen Lagers zwischen den beiden Wahlgängen darauf, einen gemeinsamen Kandidaten zu unterstützen, so dass in den meisten Fällen jeweils nur ein Kandidat der Rechten und der Linken sowie gege- benenfalls ein chancenloser Kandidat des Front National an der Stichwahl teilnimmt. Gewählt ist im zweiten Wahlgang der Kandidat mit den meisten Stimmen.
Der Senat (Sénat)
Der Senat hat 321 Mitglieder, die für 9 Jahre von gewählten Repräsentanten der Gebietskörperschaften gewählt werden. Insgesamt sind etwa 150.000 Wahlmänner und -frauen wahlberechtigt, wovon die Bürgermeister als Vertreter ihrer Gemeinden die Mehrheit stellen.
211 SenatorInnen (in den großen Départements sowie die 12
SenatorInnen der Auslandsfranzosen) werden nach dem Verhältniswahlrecht
gewählt (wobei jeweils ein männlicher und ein weiblicher Kandidat
alternierend gereiht sein müssen), die restlichen 110 nach dem
Mehrheitswahlrecht (in bis zu 2 Wahlgängen).
Alle 3 Jahre wird ein Drittel der Senatoren neu gewählt.
Der Verfassungsrat
Der Verfassungsrat wurde durch die Verfassung der V. Republik im Jahre 1958 ins Leben gerufen. Die Aufgaben des Verfassungsrates sind in der Verfassung der Republik definiert. Er wacht vor allem über die Ordnungsmäßigkeit der Wahlen und die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze. Er prüft die Vereinbarkeit der Gesetze mit der aktuellen Verfassung und den Texten, auf die sie sich bezieht: Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789, Präambel der Verfassung von 1946 und anderen. Seinen Kompetenzen entziehen sich jedoch Gesetze, die per Volksentscheid getroffen wurden. Außerdem erfüllt der Verfassungsrat eine außergewöhnlich wichtige beratende Funktion bei der Vorbereitung für Gesetzentwürfe und Verordnungen.
Der Verfassungsrat besteht aus 9 Mitgliedern. Drei Mitglieder (einschließlich des Präsidenten des Verfassungsrates) werden vom Präsidenten der Republik ernannt, drei vom Präsidenten der Nationalversammlung und drei vom Präsidenten des Senats. Der Verfassungsrat wird alle drei Jahre um ein Drittel erneuert.
Die Regionen
Die Regionen bilden die jüngste lokale Verwaltungseinheit und
wurden im Zuge der Dezentralisierung des französischen Staates im Jahr
1986 geschaffen. In diesem Jahr fand auch die erste direkte Wahl der
Regionalabgeordneten statt (auf 6 Jahre, ab 2004 nur noch auf 5 Jahre).
Die Abgeordneten des Regionalparlaments wählen ihrerseits den
Präsidenten des Regionalrats.
Das Wahlrecht für die Regionalparlamente kombiniert Elemente des Mehrheits- und
des Verhältniswahlrechts (Listenwahl, 2 Wahlgänge).
Die Départements
Die französischen Départements sind eine Erfindung der Revolution. Seit
1871 bilden sie autonome lokale Verwaltungseinheiten mit gewählten
Abgeordneten und einer gewählten Exekutive.
Frankreich ist in 100 Départements gegliedert, davon 4 überseeische.
Die Abgeordneten zum Conseil Général des Départements werden für 6
Jahre auf Kantonsebene gewählt (ein Kandidat pro Kanton nach dem
Mehrheitswahlrecht in bis zu 2 Wahlgängen).
Die Hälfte der Abgeordneten wird alle 3 Jahre neu bestimmt. Die
Abgeordneten
wählen ihrerseits den Präsidenten des Départements (als Exekutivorgan,
für 3 Jahre). Das
Département verfügt über weitreichende Kompetenzen in den Bereichen
Soziales, Bildung
sowie Land- und Forstwirtschaft.
Die Gemeinden
Die Gemeinden bilden die älteste administrative Einheit. 1884 wurde ein erstes Gesetz mit
echter Gemeindeautonomie erlassen. Die Gemeinderäte werden alle 6 Jahre neu gewählt und
wählen ihrerseits die Bürgermeister.
Das Wahlrecht differiert nach Gemeindegröße: In Gemeinden mit weniger
als 3.500 Einwohnern werden die Gemeinderäte nach dem
Mehrheitswahlrecht (mit Listen, in bis zu 2 Wahlgängen) gewählt. Dabei
kann auch panaschiert werden. In Gemeinden mit mehr als 3.500
Einwohnern herrscht ein abgewandeltes Verhältniswahlrecht nach Listen
(ohne Reihungsmöglichkeiten). Erreicht eine Liste im ersten Wahlgang
die absolute Mehrheit, so erhält sie automatisch die Hälfte der Sitze.
Der Rest der Mandate wird nach dem Verhältnisprinzip auf die übrigen
Listen aufgeteilt. Anderenfalls kommt es zu einem
zweiten Wahlgang, an dem nur jene Listen teilnehmen dürfen, die
zumindest 10 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten haben. Die
stärkste Liste des zweiten Wahlgangs erhält automatisch die Hälfte der
Mandate, der Rest wird proportional auf alle übrigen Listen verteilt.
In den Metropolgemeinden Paris, Lyon und Marseille wird nach dem
gleichen System verfahren, allerdings werden hier auch Bezirksvertreter
gewählt und die Wahlen finden nach Wahlsprengeln statt (in der Regel
entsprechen diese den Bezirken).
Die Bürgermeister (und ihre Stellvertreter) werden vom Gemeinderat
gewählt. Wenn nach zwei Wahlgängen keiner der Bewerber eine absolute
Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen
konnte, entscheidet im dritten Wahlgang die relative Mehrheit.
(Autorin: Ingrid, Quellen: OGPP, Frankreich expert)