"Der Pudding der Apokalypse"
von Adolf Endler
Buchtipp von Werner Toporski
Natürlich darf man keine Kopie erwarten. Endler ist vollkommen
eigenständig und auf den ersten Blick auch ganz anders. Aber er denkt
ähnlich. Er setzt Dinge in Beziehung, die scheinbar nichts miteinander
zu tun haben. Er spielt mit der Sprache, sein Humor ist hintergründig
und sein zeitkritisches Auge scharf. Doch schon das Wort "Zeitkritik"
trifft nicht, denn Endler ist kein billiger Nörgler. Er hält sich nicht
mit modischen Strömungen auf und behandelt keine aktuellen Ereignisse.
Er greift tiefer. Seine Texte haben stets die menschliche
Unzulänglichkeit im allgemeinen (und die der alten DDR im besonderen)
im Auge, und seine eigene Person nimmt er da keineswegs aus. Er nennt
sich "eine der verwachsensten Gurken der neuen Poesie", und dem möchte
man sehr wohl beipflichten!
Aber Beispiele sagen mehr als jede Beschreibung:
-
Der Unbequeme
Daß man ihn endlich aus dem Land rausschlage
Auf jede Antwort weiß das Schwein die Frage
Robert F. Kellermann heißt er! / Mit faulen Salatköpfen
schmeißt er! / Ja, schon wieder geklaut ist der Kleister -//-
Ahnen Sie vielleicht, weshalb dem Verfasser in diesem Mo-
ment das Wörtel Gelbhalsmaus einfällt? -//- Unwissende
Ihr!
Eines seiner groteskesten Gedichte ist dem Fleiß gewidmet, und zwar jener Sorte Fleiß, die keinen weiteren Sinn hat als das Fleißigsein selber. Hier ein paar Auszüge:
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"Das Lied vom Fleiß"
Laßt mich allein nun! Endlich laßt michs singen
Das Lied vom Fleiße, das ich singen will.
Einhundert Zeilen wird mein Fleiß erzwingen
Und fünfzig Doppelreime. Also still!
Hier wird das Lied auf meinen Fleiß geschrieben:
O großer Fleiß, der schon die Zeile sechs
(Sie wars), der also schon die Zeile sieben
Mit Lippen abzählt - ...
...
Fleiß von der Art, wie ich ihn oft schon sah
in unserm Land. Erkennt und prüft euch, Helden:
Fleiß, eisern sinnlos, wär nicht heldenhaft?
Mich aber lasst als Zwischenmeldung melden:
Die Zeile sechzehn, seht, ist schon geschafft!
...
Ja, mancher Held ward endlich schwach, mein Lieber -
Ich bin ein Preuße und erfüll es strikt,
Mein Pensum, ich erfüll es notfalls über:
Die Zeile sechsundneunzig ist geglückt...
Genau wie Ringelnatz und Morgenstern ist Endler keineswegs immer lustig. Im Gegenteil, seine Hintergründigkeit führt nicht selten in finstere Gewölbe des eigenen Seelenkellers. Und genau das macht ihn so lesenswert!
Verlag: Suhrkamp Verlag
ISBN: 3-518-41056-3
Preis: Euro 19.80